Wildnispädagogik basiert auf Coyote Teaching und adaptiert es für die Anforderungen unserer Zeit.
Vereinfacht ausgedrückt könnte man sagen, dass der Wildnispädagoge Lernsituationen konzipiert und gestaltet.
Er bietet den Rahmen für Erfahrungen und Erlebnisse und begleitet die ihm Anvertrauten auf der Reise, hilft Einsichten und Erkenntnisse zu reflektieren und zu integrieren.
Dieser natürliche Zyklus, kann im Lebensrad abgebildet werden:
Inspirieren, Neugierde wecken, Grundregeln und Vereinbarungen treffen, Vertrauen geben, den Prozess begleiten, Ergebnisse feiern und wertschätzen, reflektieren und den größeren Zusammenhang herstellen, Gebet und Danksagung.
Wie schön wäre es, wenn Kinder und Jugendliche gemischten Alters gemeinsam an einem Projekt arbeiten würden. Die jüngeren Kinder lernen nicht nur von den Jugendlichen, sondern auch die profitieren von der Unbekümmertheit der jüngeren Kinder, die einen ganz anderen Blickwinkel präsentieren. Die Jugendlichen lernen Verantwortung für die jüngeren zu übernehmen und schlüpfen probeweise in die Erwachsenenrolle.
Um ein Projekt in der Welt zu manifestieren, sei es eine Hütte, ein Boot oder Feuer durch Holzreibung zu machen, braucht es verschiedene Disziplinen, die in der Schule künstlich getrennt und in Fächern unterrichtet werden. Die gesamte Gruppe hätte Spaß daran ein gemeinsames Projekt zu verwirklichen. Theorie und Praxis gingen Hand in Hand. Die Gruppe wäre durch die Erfahrung mit allen Sinnen und durch die Tatsache, dass etwas durch ihrer Hände Arbeit entsteht hochmotiviert. Der Lehrer, in Form eines Begleiters, hätte die Aufgabe dort zu unterstützen, wo die Gruppe nicht mehr weiterkommt. Dieser Coyote-Lehrer würde die richtigen Fragen stellen, den Kontext erweitern und hätte es auch viel einfacher Fragen zu stellen, die theoretisches Wissen betreffen. Wenn dieser Kontext hergestellt wird, könnte die Motivation der Gruppe auch für andere Themen genutzt werden, die in der Schule eher trocken und uninteressant unterrichtet werden.
Auch die Aspekte der Ruhe und Stille könnte man spielend in solch einem Projekt einbringen. Selbst das sehr wertvolle ‘einfach mal nichts tun’, indem man beispielsweise durch den Wald stromert, am Teich spielt oder einfach Kinder Naturräume erleben lässt, sind im Rahmen eines Projektes unterzubringen. Aus der Spontanität heraus entstehen dann Dynamiken die freies Spiel und die Selbstorganisation der Gruppe fördern.
Aus der Forschung weiß man, dass Lernen nur funktioniert wenn:
1)der Schüler Freude daran hat,
2)der Schüler aus eigenem Interesse heraus etwas wissen will
oder 3)wenn es ihm jetzt sinnvoll erscheint.
Das kann man sich auch mit dem gesunden Menschenverstand erschließen, aber wie mein Lehrer Ingwe zu sagen pflegte: „Common Sense isn’t any common anymore.“ Im Englischen ein schönes Wortspiel, was soviel bedeutet wie: „Der gesunde Menschenverstand ist nicht mehr weit verbreitet.“
Glücklicherweise sagt die moderne Forschung das Gleiche wie die uralte Schule des Coyote Teachings. Leider ist das im derzeitigen Schulsystem noch nicht angekommen.
Auf den ewig gleichen Geräten auf einem Spielplatz zu spielen ist genauso langweilig, wie ein strukturiertes und aufgeräumtes Kinderzimmer. Die Natur hingegen verändert sich dauernd, zaubert mystischen Nebel in die Landschaft, sonnendurchflutete Wälder, lässt Wassertropfen in Spinnennetzen magisch glitzern, alles erneuert und verändert sich in jeder Sekunde. Kinder brauchen zum Lernen Impulse und ein lebendiges Umfeld.
Lernen kann nur aus einem Interesse heraus und mit Freude stattfinden und an Tiefe und Erkenntnis gewinnen, wenn es pädagogisch begleitet wird. Das bedeutet, dass der Coyote- Lehrer (Wildnispädagoge) Lernsituationen schafft, Neugierde anregt und so dem Schüler zu Fragen inspiriert. Eine Frage enthält ein Wissens-Vakuum, das gefüllt werden möchte. Die einfachste Möglichkeit ist die direkte Antwort. Jedoch sind direkte Antworten sehr oft nicht nachhaltig und so schnell wieder vergessen so wie auswendig Gelerntes. Was bei einem Gedicht oder Liedtext noch Sinn ergibt, ist in anderen Bereichen im wahrsten Sinne des Wortes Sinn-los. Je mehr Sinneskomponenten mit einfließen, je mehr Fragen wir stellen, die dem Schüler zum nächsten Schritt in Richtung Lösung verhelfen und dieser sich die Antwort selbst erarbeitet, desto nachhaltiger ist der Lerneffekt. Das Gefühl selbst darauf gekommen zu sein ist eine kraftvolle und gute Energie, die völlig fehlt, wenn man eine direkte Antwort erhält.
„Das Gehirn ist also nicht zum Auswendiglernen von Sachverhalten, sondern zum Lösen von Problemen optimiert.“ “(...) wird das Gehirn auch nicht in erster Linie als Denk-, sondern als Sozialorgan gebraucht und entsprechend strukturiert.“
(Gerald Hüther - mit Freude Lernen S.111, S.112)
„Wer Kinder zu kompetenten, starken und selbstbewussten Persönlichkeiten erziehen will, muss in Beziehungen denken und in Beziehungsfähigkeit investieren.“
(Gerald Hüther - mit Freude Lernen S.120)
„Kein Kind scheitert an sich selbst. Sondern es scheitert immer an den Bewertungen, den Maßregelungen und den klugen Ratschlägen anderer.“
(Gerald Hüther - mit Freude Lernen S.138)
Coyote Teaching ist eine Grundhaltung. Es ist die Bereitschaft, sich selbst und sein eigenes Weltbild zu hinterfragen. Diese bedingungslose Offenheit und die Möglichkeit, dass bestehende Vorstellungen und Glaubenssätze falsch sein könnten, ist die Voraussetzung um sich auf Neues einzulassen. Auch wenn sich manches zunächst verrückt anhören mag, weil es dem aktuellen Konsens widerspricht, ist es mit dieser Offenheit möglich alles über Bord zu werfen, zu hinterfragen und selbstständig zu durchdenken.
Das bedeutet auch, dass man seiner eigenen Wahrnehmung traut. ‘Die Menschen glauben nicht was sie sehen, sondern sie sehen was sie glauben.’ Dieses Zitat entstammt aus dem Film ‘Big Manni’, und bringt es auf den Punkt.
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Uwe Belz
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